Hessischer Verkehrsspiegel
Bilder: privat, Adobe Stock Das sagt der Chef, Bayram Tunc: Sie sind ein Familienunternehmen, das seit 1989 als Transportunterneh- men im Rhein-Main-Gebiet aktiv ist. Nach Ihrem Empfinden: Was hat sich in den vergangenen 10 Jahren eklatant verändert? In den letzten 10 Jahren hat sich die Anzahl der Arbeitskräfte enorm reduziert. Dies ist aus Unternehmersicht die größte und auch die be- lastendste Veränderung. Sollte keine schnelle Lösung gefunden wer- den, wird es in den kommenden Jahren immer schwerer werden, Perso- nal zu finden. Das Berufsbild und das Image des BKF müssen dringend verbessert werden. Aktuell werden sie nur als Lieferanten gesehen, die Waren von A nach B liefern. Sie sind aber eine tragende Kraft der Gesell- schaft. Ohne sie würde es uns in allen Bereichen an Produkten fehlen. Dazu gehört auch das Umfeld, in dem die Fahrer:innen beschäftigt sind. Dabei spielen beispielsweise die mangelnden Parkmöglichkeiten auf den Autobahnen eine Rolle und auch die oft mangelhaften sanitären Anla- gen. Momentan ist die Fahrzeugbeschaffung ein weiteres Problem. Die Produktion der neuen Fahrzeuge benötigt mehr Zeit, da Einbauteile feh- len. Weitere Themen, die zurzeit die meisten in der Branche beschäfti- gen: Hohe Dieselpreise, Ersatzteilpreise, Umlagekosten usw. Wie viele Fahrer beschäftigen Sie? Wie sieht die Altersspanne aus? Aktuell haben wir 105 Mitarbeiter, davon 96 Berufskraftfahrer:innen, 9 weitere Mitarbeiter sind auf die Werkstatt und das Büro verteilt. Der jüngste Fahrer ist 25 Jahre alt und der älteste ist 71 Jahre jung. Die Fahrer sind meist lange bei uns, einige 10 Jahre, wir haben aber auch Fahrer, die sind über 15 Jahre bei uns beschäftigt. Was tun Sie, um Ihre Fahrer zu halten? Wir haben ein sehr familiäres Arbeitsklima, das gefällt den Mitarbei- tern gut. Im Sommer grillen wir oft spontan zusammen, aber wir ver- anstalten auch ein großes Sommerfest. Ein wichtiger Aspekt ist sicher, dass man Zeit hat, sich auch Probleme anzuhören und gemeinsam eine Lösung zu finden. Ein weiterer Faktor, um Fahrer zu halten: das Arbeits- Equipment. Das fängt beispielsweise mit dem Lkw an: Ist dieser ge- wartet und werden Schäden oder Fehlermeldungen schnell behoben? Die pünktliche Lohnauszahlung ist darüber hinaus ein wichtiger Punkt. Auch viele Kleinigkeiten machen Freude – sei es das gemeinsame Früh- stück, ein Tankgutschein oder Ähnliches. Blick in die Zukunft: Was denken Sie, wie sich die Transport- und Logis- tikbranche aufstellen muss, um nicht in absehbarer Zeit vor dem „Kollaps“ zu stehen? Fahrermangel ist ein Thema, das fast alle in der Branche betrifft. Der Erwerb des Führerscheins ist zu schwer und zu teuer. Dabei sind heut- zutage die Lkw durch verschiedene Assistenzfunktionen einfacher zu bedienen. Insgesamt geht das in die falsche Richtung, wenn nicht mehr dafür getan wird, auch junge Menschen für den Beruf des Kraftfahrers zu begeistern. Gut wäre es, die Modulpflicht für ältere Fahrer aufzuhe- ben, viele weigern sich aus finanziellen Gründen, die Module alle 5 Jahre zu wiederholen, nur um den Führerschein zu behalten. Die ärztlichen Kontrollen könnten ebenfalls subventioniert werden. Dann wäre es auch einfacher, Aushilfsfahrer zu beschäftigen. Das sagen die Fahrer: Ronny Reinhardt ist gelernter Schreiner und Möbelmonteur und arbei- tet seit 12 Jahren bei Tunc Trans als Lkw-Fahrer im Nahverkehr auf ei- nem 40 Tonner Sattelzug. Nach knapp 4 Jahren hatte er eine kurze Auszeit, um sich im Bereich Fuhrparkleitung weiterzubilden. Er kehrte danach zurück zu Tunc Trans, um gemeinsam neue Ziele zu erreichen. Kevin Hoffmann ist ausgebildete Fachkraft für Lagerlogistik, seit dem 1. November 2020 Berufskraftfahrer. Seit diesem Zeitpunkt arbeitet er bei Tunc Trans. Was gefällt Ihnen bei Tunc Trans besonders gut? RR: Die Frage ist leicht zu beantworten: Bei Tunc Trans ist man nicht nur Fahrer oder Leiter einer Abteilung, man ist in erster Linie Mensch. Bei Problemen versucht die Firmenleitung immer, den Mitarbeiter zu unter- stützen. Das findet man heute nur selten. Bei Tunc Trans werde ich ge- sehen, gehört und trotz der Größe des Unternehmens wahrgenommen. Verbesserungsvorschläge werden angenommen, gemeinsam wird ver- sucht, Leistung zu optimieren und zu verbessern. Wichtig in dieser Zeit: Der Lohn wird immer pünktlich gezahlt, das ist auch keine Selbstver- ständlichkeit mehr. Das Betriebsklima ist freundlich, und es gibt auch keinen Wartungsstau bei den Fahrzeugen. KH: Mir gefällt es, dass wir nicht nur Kollegen, sondern inzwischen auch Freunde sind und wir uns gegenseitig unterstützen und helfen. Die Vorgesetzten kann man immer ansprechen, wenn man Probleme hat. Dafür bin ich sehr dankbar, das weiß ich zu schätzen. Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, was würden Sie sich von Ihrem Arbeitgeber wünschen? RR: Hier gibt es keinen Bedarf. Das Unternehmen ist immer daran in- teressiert, dass es allen gut geht, und das ist das A und O. Bei der Fahrzeugbeschaffung wird versucht, auf die Wünsche der Fahrer ein- zugehen – das funktioniert natürlich nicht immer zu 100 Prozent. Der Fuhrpark ist modern und dem Fahrer fehlt es bei den Fahrzeugen an nichts. Was man benötigt, erhält man ohne Probleme. Warum haben Sie diesen Beruf gewählt? Wie lautet Ihre Empfehlung an den Nachwuchs? RR: Mir gefällt die Abwechslung: jeden Tag neue Kunden und andere Orte. Der Nachwuchs kann sich auf innovative und weiterentwickelte Fahrzeuge freuen. Die Technik ist so weit fortgeschritten, dass es ein- fach Spaß macht, mit einem so großen Lkw zu fahren. Wer die Freiheit liebt und gerne sein eigener Herr sein möchte, ist in diesem Job genau richtig. Oft muss man schnell und selbstständig Entscheidungen tref- fen. Das stärkt das Selbstbewusstsein und lässt einen im Kundenkon- takt sicherer auftreten. Fragebogen Tunc Trans GmbH, Hainburg Die Firma Tunc Trans GmbH wurde 1989 von Nimet Tunc und Ergun Tunc gegründet. Sie wird mittlerweile in der 2. Generation geführt. V.l.n.r.: Rukiye Tunc, Nimet Tunc, Ergun Tunc, Bayram Tunc KH: Mein Vater war Berufskraftfahrer, und ich habe mich dann dazu entschlossen, das ebenfalls zu machen. Dem Nachwuchs kann ich nur empfehlen, dass sie, wenn es ihr ausdrücklicher Wunsch ist, Berufs- kraftfahrer zu werden, es sich auf keinen Fall ausreden lassen sollen. Stichwort Fahrermangel – was, denken Sie, sollten Politiker oder auch Arbeitgeber tun, um mehr Anreize für Berufskraftfahrer zu schaffen? RR: Hier ist eindeutig die Politik gefragt. Ein Beispiel: Mich kostete der Führerschein damals 2.000 Mark, heute kostet er schnell mal 8.000 Euro. Wer ist schon bereit, einen solchen Betrag zu zahlen und am Ende mit einem Gehalt nach Hause zu gehen, für das andere gar nicht erst arbeiten würden? Einen großen Handlungsbedarf sehe ich auch in dem enormen Parkplatzmangel. Nach 17 Uhr noch einen ver- nünftigen Parkplatz zu finden, ist nahezu unmöglich. KH: Ich finde, man sollte den Job mehr wertschätzen und je nachdem, in welchem Bereich man fährt, sollte man die Arbeitsbedingungen verbessern. Kevin Hoffmann arbeitet als Berufskraftfahrer bei der Tunc Trans GmbH Hessischer Verkehrsspiegel 03/2022 15 14 Hessischer Verkehrsspiegel 03/2022 TITELTHEMA
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