Hessischer Verkehrsspiegel
Im Zweifel besser den Dienstausweis zeigen lassen Polizeikontrollen FAKE ODER ORIGINAL? Bilder: Adobe Stock Hessischer Verkehrsspiegel 03/2022 21 20 Hessischer Verkehrsspiegel 03/2022 RECHT & SICHERHEIT Falsche Polizeikontrollen auf der Autobahn – können Sie schildern, wie das abläuft? Sind die Täter allein oder zu zweit unterwegs? Da gibt es unterschiedliche Vorgehensweisen. Manche Täter sind allein mit einem Fahrzeug unterwegs, andere zu zweit. Wieder andere sprechen Kraftfahrer auf Rastplätzen an. Täter in Fahrzeugen ahmen einen zivilen Streifenwagen nach und bewegen Kraftfahrer dazu, ihnen zu folgen. Bei der fingierten Kontrolle kommt es dann schnell zu Geldforderungen. Wie häufig kommen solche Fälle vor? Glücklicherweise kommen solche Fälle eher selten vor. Erfährt die Poli- zei von einer solchen Tat, setzt sie alles daran, den Täter oder die Täter ausfindig zu machen. Durch solche Straftaten nehmen nicht nur die Opfer Schaden, auch die Reputation der Polizei leidet. Dazu kommt, dass nicht alle Fälle zur Anzeige gebracht werden. Insbesondere aus- ländische Kraftfahrer, die nicht so gut Deutsch sprechen, lassen die „falschen Kontrollen“ über sich ergehen und zahlen die Bußgelder, da- mit sie ihre Fahrt fortsetzen können. Was war in diesem Zusammenhang Ihr spektakulärster Einsatz? Ein Täter hatte sein Fahrzeug umgebaut und konnte über einen Seilzug ein Schild in der Heckscheibe hochziehen. So machte er zunächst einen relativ täuschenden Eindruck eines echten Zivilstreifenwagens. In ei- nem anderen Fall hatten sich zwei Täter Polizeidienstausweise gebas- telt und brachten damit ihre Opfer zum Anhalten. Beliebt sind natürlich auch Blaulichter, die einfach über ein Kabel im Zigarettenanzünder ak- tiviert werden. In allen Fällen gaben die Täter vor, dass ihr Opfer eine Ordnungswidrigkeit begangen hätte, und forderten eine Geldstrafe, die natürlich sofort bezahlt werden musste. Wie kann ich womöglich auf Anhieb erkennen, dass es keine korrekte Kontrolle ist? Die meisten Täter sind nicht sehr professionell. Wenn sie Dienstaus- weise haben, sind diese schlecht gemacht. Die genutzten Fahrzeuge sind meist älter und auch der äußerliche Eindruck passt selten zu richti- gen Polizeibeamten. Außerdem wollen die Täter immer Bargeld sehen. Die Polizei macht keinen Druck bei Geldbußen. Wer nicht vor Ort be- zahlen kann, bekommt Post von der Bußgeldstelle. Hier zeigt sich im Verhalten ein deutlicher Unterschied. Haben Sie konkrete Tipps, wie sich Fahrer schützen können? Wer schon Zweifel an der Echtheit der Kontrolle oder an den Polizisten hat, lässt sich am besten den Dienstausweis zeigen. Das korrekte Aus- sehen eines Dienstausweises kann man auf den Internetseiten der je- weiligen Landespolizei sehen. Aufmerksam sollte man auch bei Zivil- fahrzeugen sein: Die Dienstwagen der Polizei sind meist keine seltenen oder ausgefallenen Fahrzeugmodelle. Insbesondere bei den Autobahn- polizeien sind es neue Modelle, da sie aufgrund der hohen Kilometer- leistung schnell wieder getauscht werden müssen. Gibt es signifikante Merkmale, Unterschiede zu einer echten Polizeikontrolle, die relativ schnell erkennen lassen, dass es eine gefakte Kontrolle ist? Die richtige Polizei nutzt immer eine Signalanlage zum Anhalten von Fahrzeugen, oft kommt zusätzlich die Polizeikelle zum Einsatz. Außer- orts setzt sich der Streifenwagen stets vor das Fahrzeug und lotst es zu einer sicheren Kontrollstelle. Die Beamten tragen entweder Uniform oder legitimieren sich mit ihrem Dienstausweis. Die Polizei teilt immer zuerst den Grund mit, warum das Fahrzeug angehalten wurde, und ver- langt dann den Führerschein, den Fahrzeugschein und einen Personal- ausweis. Im Anschluss folgt eine Belehrung über die Rechte des An- gehaltenen, der Verstoß sowie die Konsequenzen werden erläutert. Die Daten der Angehaltenen werden stets per Funk oder mit einem anderen System überprüft. Insgesamt dauert eine richtige Kontrolle ihre Zeit, und es geht nicht sofort um Geld. Wie hoch sind bei einer echten Polizeikontrolle Buß- gelder, die sofort gezahlt werden müssen? Bei einer Geldbuße wird diese vor Ort nur bis zu ei- nem Wert von 55 Euro gegen eine Quittung kassiert. Lediglich bei Kraftfahrern ohne festen Wohnsitz in Deutschland kann eine Sicherheitsleistung erhoben werden. Dies geschieht jedoch mit einem speziellen Formular und meist per EC-Karte oder Kreditkarte. An- zeigen über 55 Euro werden in der Regel schriftlich gestellt. Der Betroffene wird dazu angehört. Eine Zahlungsaufforderung kommt anschließend grundsätzlich per Post von der jeweiligen Bußgeldstelle. Sind Sie schon einmal „falschen Kollegen” begeg- net? Wie verlief das Aufeinandertreffen? Täter, die mit einem falschen Blaulicht auf der Auto- bahn gerast sind und sich so Platz auf der linken Fahr- spur ergaunert haben, habe ich schon des Öfteren an- gehalten. Richtige Betrüger, also „falsche Polizisten“, habe ich bisher nur einmal erlebt. In diesem Fall konn- ten wir das Fahrzeug nach der Beschreibung eines Opfers erkennen und den Täter festnehmen. Er hat zwar intensiv versucht, sich aus der Sache herauszu- reden, die Beweise waren jedoch zu eindeutig. Welche Aktionen starten Sie, um die Bevölkerung zu warnen, sobald klar ist, dass wieder vermehrt Be- trüger unterwegs sind, die versuchen, sich bei an- geblichen Polizeikontrollen zu bereichern? Zunächst versucht die Polizei, solche Betrüger über die eigene Fahndung zu erwischen. Die Opfer können die Täter und das Fahrzeug meist gut beschreiben. Die Bevölkerung wird zunächst Ein Szenario, das manch einer kennt, der viel auf der Autobahn unterwegs ist: Ein ziviler Polizeiwagen fordert auf, zu folgen, oder eine Person in diesem Wagen hält eine Kelle mit „Polizeikontrolle” aus dem Seitenfenster. Das kann ganz schnell teuer werden. Leider sind diese Kontrollen nicht immer „echt”. Das heißt: Falsche Polizisten versuchen sich auf diese Art und Weise zu berei- chern, indem sie f r vermeintliche Vergehen viel Bargeld fordern. Doch wie erkennt man, ob es sich um echte oder „gefakte” Poli- zeikontrollen handelt? Einer, der sich damit auskennt, ist Polizeihauptkommissar Christian Wiepen aus dem Polizeipräsidium Westhessen. Der HVS hat ihn zu diesem Thema befragt.
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