Hessischer Verkehrsspiegel
RUND UM DIE BRANCHE Bilder: kw Hört man den Begriff Skytanking, dann denkt man sofort daran, dass Flugzeuge in der Luft betankt werden. Das dachte ich zu- mindest, als ich den Termin am Flughafen Frankfurt mit dem Be- triebsleiter von Skytanking, G nther Hansel, vereinbart habe. Gemeinsam mit Markus Gerhardt, Fahrlehrer für das SVG Fahrschul- zentrum Südwest, fahre ich an einem sonnigen Morgen im Mai zum Frankfurter Flughafen. Ein bisschen Urlaubsfeeling kommt auf, als wir über das Tor 3 zur Sicherheitsschleuse gehen, um auf das Vorfeld zu gelangen. Der „Check-in-Prozess“ erinnert stark an das übliche Proze- dere kurz vorm Abflug. Nur dass ich dieses Mal einen Termin mit Günther Hansel und Jens Jacobi von Skytanking habe und nicht in den Urlaub fliege. Zunächst wird mir ein Tagesausweis mit Genehmigung für den Vorfeldbereich des Frankfurter Flughafens inklusive eines Lichtbilds ausgestellt. Dazu muss ich einige Formulare ausfüllen. Gut, dass wir zusätzliche Zeit eingeplant haben. Dann geht es zur Personen- und Wa- renkontrolle. Hier werden Tagesausweis und Personalausweis kontrol- liert. Abschließend werden sämtliche Laptop-Taschen, Handtaschen, Jacken und Gürtel durchleuchtet – alles genau so, als würde es per Flieger in die Ferne gehen. Den Betrieb im Griff Nach dem „Check-in“ dürfen wir endlich zu Skytanking, die sich in ei- nem Gebäude auf dem Vorfeldbereich befinden. Im ersten Stock wer- den wir schon von Günther Hansel und Jens Jacobi erwartet. Günther Hansel, 58 Jahre, ist seit 19 Jahren bei Skytanking in Frankfurt als Betriebsleiter und Handlungsbevollmächtigter dafür verantwortlich, den Betrieb zu steuern. Das heißt: Er ist für die Beschaffung der Res- sourcen zuständig, die zum Betanken der Flugzeuge erforderlich sind. Er ist aber auch zuständig fürs Personal und für den Fuhrpark, der aus 31 Dispenser-Fahrzeugen (das sind spezielle Fahrzeuge zur Flug- zeugbetankung) und 5 Tankwagen besteht. Er muss darüber hinaus mit seinem Geschäftsführer die entsprechenden Budgets aufstellen und Ver- träge mit den Kunden aushandeln. „Mo- mentan sind es einige Fluggesellschaf- ten, wie zum Beispiel Lufthansa, Condor und Etihad. Darüber hinaus bestehen Verträge mit verschiedenen Mineral- öllieferanten. Diese bewerben sich auf Ausschreibungen der Fluggesell- schaften. Eine Airline, die nach Frankfurt fliegt, sagt an, wie viel Ke- rosin sie pro Jahr benötigt und wer sie beliefern möchte. Die Mineralöl- gesellschaften geben daraufhin Ange- bote ab. Diejenige, die das vernünftigste Angebot abgibt, erhält den Zuschlag. Und sofern dieser Lieferant den Vertrag mit Sky- tanking hat, beliefert das Team diese Flugge- sellschaft“, erläutert Günther Hansel. Skytanking sorgt für den kompletten Betankungsablauf und stellt ihre Kosten den Mineralöllieferanten in Rechnung. Den Gesamtpreis rechnen diese dann mit der jeweiligen Airline ab. „Ausnahme sind die oben genann- ten Fluggesellschaften, die in Frankfurt große Mengen abnehmen. Sie erwerben ihr Kerosin auf dem Markt, transportieren es in eigener Ver- antwortung nach Frankfurt und kaufen unsere Dienstleistung direkt ein. Diese Vorgehensweise ist aufwendiger, ermöglicht den Fluggesellschaf- ten allerdings, alle einzelnen Preisbestandteile zu verhandeln und somit möglicherweise einen Preisvorteil oder Versorgungsvorteil zu erzielen“, erklärt Günther Hansel den Unterschied. Flexibel bleiben „Da wir keine Behörde sind, läuft hier alles sehr dynamisch. Immer wie- der passieren Dinge relativ kurzfristig, auf die wir dann spontan und sehr flexibel reagieren müssen. Aber wir sind gut strukturiert und jeder hat seinen Aufgabenbereich im Griff.“ So auch Jens Jacobi, 56 Jahre: Er ist seit 32 Jahren bei Skytanking und kümmert sich als Leiter Operations um die „Betankungsgeschichte“. Was bedeutet das genau? „Ich habe die Flugpläne im Blick und weiß, wann welche Flieger betankt werden müssen und wie viel Personal wir dazu benötigen.“ Immerhin führt Skytanking die Hälfe der Betan- kung am Frankfurter Flughafen durch. Vor der Pandemie arbeiteten 130 Flugzeugtankwarte, inzwischen wird langsam wieder aufgestockt. Ak- tuell verfügt Skytanking über 77 Flugzeugtankwarte, 76 Männer und eine Frau. Günther Hansel erinnert sich: „Die erste Frau auf dieser Welt war Eva und die erste Frau, die bei Skytanking als Flugzeugtankwartin angefangen hat, heißt Eva.“ Seit knapp fünf Jahren ist Eva dabei und hat Günther Hansel anfangs schlaflose Nächte beschert. „Ich habe schon immer gesagt, ich würde auch eine Frau einstellen, denn beson- dere körperliche Voraussetzungen muss ein Flugzeugtankwart nicht haben. Die Kupplung wiegt zwar rund 20 Kilo, aber mit entsprechender Erfahrung und sofern die Per- son gesund ist, kann die Kupplung auch von einer Frau problemlos angeschlossen wer- den.“ Um zu probieren, ob es klappt, durfte die potenzielle Mitarbeiterin erst einmal einen halben Tag mit einem erfahrenen Flugzeugtankwart mitfahren, um zu testen, ob ihr der Job Spaß macht und sie körperlich dazu in der Lage ist. „Sie kam gar nicht mehr wieder, weil sie sofort begeistert war.“ Ziem- lich schnell war klar, dass Eva als erste Frau bei Skytanking anfangen wollte. Günther Hansel kam ins Schwit- zen. „Wir haben keine Umkleideräume für Frauen. Zum Glück haben wir einen gu- ten Kontakt zu unseren Nachbarn, die über einen Umkleideraum für Damen verfügen. Auf Nachfrage über den kleinen Dienstweg kam das LUPENREINES KEROSIN Skytanking Im Gespräch mit der Betriebsleitung Günther Hansel und Jens Jacobi Elektronischer Zähler Tankwart Ali Ugur bei der Betankung 1 2 3 Hydrantenfahrzeug im Einsatz Hessischer Verkehrsspiegel 03/2022 35
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