Hessischer Verkehrsspiegel

streifen, mehrlagigen Stahlgürteln, Karkasse, Innenseele und Seitenwand mit hoher Qualität zu fertigen braucht immer noch ein großes Maß an Handarbeit und damit enorm viel Erfahrung. Unterschiedliche Eigenschaften „Von außen mögen zwei Reifen unter- schiedlicher Hersteller vielleicht sehr ähnlich aussehen, sie können jedoch vollkommen verschiedene Eigenschaften haben. Aufbau, Materialien und Verarbeitung des Innen- lebens sind die Schlüsselfaktoren“, sagt Benjamin Bartsch, Frank Seegers Partner der ersten Stunde und Chief Operation O cer bei CO2OPT, für das er seine alte beru iche Heimat als Produktmanager eines großen Reifenherstellers aufgegeben hat. Dritter im Bunde ist Siddhant Tibrewal. Er bringt als Chief Technology O cer ein, was CO2OPT hervorhebt: IT-Know- how. „Die ganze Reifenbranche hat in meinen Augen dra- matischen Aufholbedarf bei der Digitalisierung“, sagt Seeger. „Unser Ansatz ist, die Beratung von Transportunternehmen auf eine fundierte Datenbasis zu stellen.“ Und die basiert auf zwei Aspekten: zum einen auf dem Wissen um die Vorzüge der verschiedenen Reifen. Die CO2OPT-Datenbank umfasst mehr als 10.000 unterschiedliche Lkw-Pneus mit ihren jeweiligen Spezi kationen. Zweiter Aspekt ist der Einsatzzweck. „Es reicht ja nicht zu wissen, welcher Reifen welches Leistungspro l mitbringt. Ein voll ausgelasteter Lkw in Fernverkehr braucht einen anderen Reifen als ein leichter belade- ner Verteiler-Lkw“, so Seeger. „Die meisten Flottenbetreiber sprechen mit ihrem stationä- ren Reifenhändler und verlassen sich auf sein Urteil. Wir gehen einen anderen Weg.“ Wer bei CO2OPT anklopft, muss erstmal selbst liefern. Daten nämlich. „Wir bitten unsere Kunden, uns über eine von uns entwickelte Schnittstelle Zugri auf ihre Telematikdaten zu geben.“ Die Anbindung an die Systeme der großen Lkw- und Trailer-Her- steller ist bereits gewährleistet, sodass theoretisch heute schon die Daten von 70 Prozent aller Lkw – Einwilligung vorausge- setzt – abgefragt werden können. Individuelle Pro le Obwohl erst vor einem knappen Jahr gegründet, sind schon rund 1.500 Lkw mit der Software der Hamburger verbunden. Pro Fahrzeug erfasst die Telematik standardmäßig kontinu- ierlich mehr als 20 Parameter. Bei CO2OPT werden diese intelligent aufbereitet und per KI zu individuellen Pro len zu- sammengestellt, ausgewertet und in Empfehlungen umgesetzt. „Anders als der Händler können wir unsere Empfehlung ge- stützt auf eine breite Analyse und exakt passgenau auf das Ein- satzpro l des Lkw aussprechen“, sagt Seeger. Beladung, Wetter, Höhenpro l und Strecke spielen dabei eine Rolle. Genauso aber auch das Fahrverhalten. Bremst und beschleunigt der Fahrer häu g, gibt es viele oder nur wenige Stopps? Auch solche ver- meintlich weichen Faktoren werden miteinbezogen. Automatische Updates inklusive Dabei ist die Analyse nie abgeschlossen: Stellt CO2OPT bei der kontinuierlichen Auswertung der Telematikdaten fest, dass sich ein Einsatzpro l geändert hat und sich ein Reifenwechsel lohnt, wird der Fahrzeugbetreiber automatisch informiert. Individuell zugeschnittene Ergebnisse auf fundierter Daten- lage sind das Bestreben von CO2OPT. Das kann zum Beispiel bedeuten, dass für einen Lkw im Fernverkehr ein Reifen mit weniger ausgeprägtem Pro l empfohlen wird: Dadurch sinken der Rollwiderstand und damit sowohl Verbrauch als auch Schad- sto emission. Ist der Lkw dagegen vornehmlich innerstädtisch unterwegs, rückt auch die Robustheit in den Fokus. „Verbrauch, Haltbarkeit und Preis: Das ist das magische Dreieck, das die Total Cost of Ownership beein usst. Unser Know-how ist, hier Fall für Fall die richtige Empfehlung aussprechen zu können“, so Seeger. Oft genug erlebt er, dass die Prioritäten falsch gesetzt werden. Beim Erwerb werde gern der Preis gedrückt, indem am Ende günstigere Reifen montiert würden. „Das ist aber zu kurz gedacht. Der Einkauf macht gerade mal fünf Prozent der Lebenszeitkosten eines Lkw aus. Der Verbrauch dagegen rund 30 Prozent. Unsere Erfahrung ist, dass mit unserer Beratung bis zu zehn Prozent Dieseleinsparung erreicht werden. Wer das mal hochrechnet auf die Lau eistung des Fahrzeugs, der stellt fest, dass es da schnell um einige Tausend Euro pro Jahr gehen kann.“ Umweltau agen im Blick Hinzu kommt, dass Diesel-Einsparungen aktiv auf den Klima- schutz einzahlen. Denn bei der Verbrennung des Kraftsto s werden pro Liter gut 2,6 Kilogramm CO2 freigesetzt. Und je besser die Klimabilanz, desto besser die Außenwirkung – Stichwort Nachhaltigkeitsbericht. „Wir rechnen uns in diesem Zusammenhang erhebliche Wachstumschancen aus“, sagt See- ger. „Zum Beispiel auch, weil die Lkw-Hersteller ab 2025 noch einmal strengere Umweltau agen erfüllen müssen.“ Bereits auf den Zug aufgesprungen ist Trailer-Hersteller Krone: Seit dem vergangenen Jahr ist das CO2OPT-Paket „ab Werk“ hinzu- buchbar. So jung das Unternehmen aus Hamburg auch ist: Seeger, Bartsch und Tibrewal haben bereits Kontakte ins euro- päische Ausland geknüpft. Selbstbewusst kommentiert Seeger: „Wir sind aktuell in Richtung Skandinavien aktiv, das ist der Anfang für die Skalierung nach ganz Europa. Und für 2025 ist der nordamerikanische Markt angepeilt.“ https://www.co2opt.com Bis zu 30 Prozent des Verbrauchs beruhen auf dem Rollwiderstand der Reifen. ■ Thomas Mechelke Reifen brauchen Rechner: Mit KI und Köpfchen werten Benjamin Bartsch und Frank Seeger die Daten ihrer Kunden aus und erschließen so deutliches Sparpotenzial Der Reifen muss zum Einsatzpro l passen – das ist noch längst nicht etabliertes Wissen Weniger Verbrauch heißt auch weniger Emissionen – das zahlt auf die Nach- haltigkeitsbilanz ein Fotos: Robert Grischek (3) 10 11 SCHWERPUNKT | Hessischer Verkehrsspiegel 01/2023

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