Hessischer Verkehrsspiegel

Während der Corona-Pandemie boomte der Onlinehandel mehr denn je. Die Folge: Unmengen an Verpackungsmüll. Grund genug für das Start-up Ceres , eine nachhaltige Lösung auszuarbeiten. Das Füllmaterial ihrer Wahl für den Versandhandel: Stroh. Stroh im Einsatz E s misst zirka 20 mal 10 Zentimeter, hat eine angenehme, weiche Haptik und riecht ganz natürlich, nach Scheune, Reiterhof, Landwirtschaft und irgendwie gesund. Das kleine, unscheinbare, aus stärkebasiertem Vlies ge- fertigte Tütchen, gefüllt mit Stroh, soll, in Mengen gefertigt, als Füllmaterial für den Paketversand dienen – als umwelt- schonende Alternative zu Styropor-Chips und Co. Hinter dieser Idee stehen Dominik Dostert, Ilker Yenice, Johannes Weber und Moritz Lenhardt: die Gründer des Start-ups Ceres, benannt nach der römischen Göttin des Ackerbaus und der Fruchtbarkeit. Ich tre e die Endzwanziger im House of Logistics and Mobility (HOLM), im Gate- way Gardens in Frankfurt. Die Aufgabe Im Juni 2020 belegten die angehenden Wirt- schaftsingenieure während ihres Studiums an der TU Darmstadt ein Seminar, in dem es darum ging, eine Geschäftsidee zu ent- wickeln und dazu einen Businessplan zu schreiben. Das war zu Beginn der Corona- Krise während einem der ersten Lockdowns, als der zuvor schon boomende Onlinehandel zu einem wahren Höhen ug ansetzte. „Der Verpackungsmüll stieg immens an, eine nachhaltige Alternative musste her,“ erzählt Dostert. Die Idee „Ganz bewusst sind wir auf die Suche nach Reststo en gegangen, die keine weitere Verwendung nden.“ Mit dabei: Stroh. „Immerhin fallen allein in Deutschland jedes Jahr davon rund 13 Millionen Tonnen an, die in der Landwirtschaft nicht genutzt werden können“, erklärt Lenhardt. Dostert: „Stroh besteht aus getrockneten Halmen, die nach der Ernte von Getreide übrigbleiben. Wir haben seine Bescha enheit, zunächst in der Halmform, untersucht – und es sind enorm viele positive Eigenschaften, die uns in der Summe überzeugt haben.“ Dostert zählt auf: „Stroh hat federnde, thermisch isolierende Eigenschaften, es kann tragende Kräfte auf- nehmen, es hat eine gute Saugkraft, wenn beispielsweise Flüssigkeiten auslaufen sollten, im Ergebnis: Ideal als Füllmaterial beim Ver- schicken von Paketen.“ Die Ressource Nachdem allen klar war, dass sie den passen- den Reststo gefunden hatten, galt es, ihn so aufzubereiten, dass er als Füllmaterial nutzbar wird. Weber: „Das Stroh upcyclen bedeutet in diesem Fall, es aus den Ballen herauszu- lockern, zu entstauben, zu entkeimen, zu schneiden und es zu guter Letzt in Tüten zu verpacken.“ Und Lenhardt ergänzt: „Nicht nur der Inhalt, selbstverständlich ist auch die Hülle, das Tütchen, komplett kompostierbar. Das heißt, wenn es nicht mehr wiederzuver- CERES – VON DER IDEE ZUM PRODUKT Die Gewinner des Hessischen Gründerpreises 2022 in der Kategorie „Gründung aus der Hochschule“ haben wäh- rend der Corona-Pandemie ihre Idee dem Ziel entwickelt, umweltschädlichem Verpackungsmüll den Garaus zu ma- chen. Passend in einer Zeit, in der der Onlinehandel über- proportional zugenommen hat. Für ihr Produkt verwenden sie Stroh, das als Reststoff in großen ungenutzten Mengen in der Landwirtschaft anfällt. Abgepackt wird das Stroh in Tütchen aus stärkebasiertem Vlies. Sowohl die Tütchen als auch das Füllmaterial sind komplett kompostierbar und können einfach im Biomüll entsorgt werden. wenden ist, kann es im Prinzip in der Biotonne entsorgt werden.“ Die Produktion Der Plan der Ceres-Gründer sieht wie folgt aus: „Damit wir die Wege zum Kunden möglichst kurz halten, muss die Produktion in der Nähe der Kunden statt nden. Auch das Stroh beziehen wir in diesem Fall aus der Region, möglichst nah am Standort unserer Kunden“, sagt Weber. „Wir würden versuchen, geordertes Füll- material pro Kunde just in time zu produzieren und palettenweise zu übergeben.“ Lenhardt ergänzt: „Das Problem einer längeren Lagerung hätten wir dann nicht, wenn wir direkt vom Bauern anliefern lassen, das Stroh verarbeiten, in die Tüten abfüllen, an die Kunden liefern und die Kunden es dann bei sich, zum Beispiel im Hoch- regal einlagern, genauso wie sie zuvor anderes Füllmate- rial für den Versand eingelagert haben, um es bei Bedarf einsetzen zu können.“ Auch bei dieser Idee verfolgen die vier Gründer den Gedanken, die Umwelt möglichst nicht zu belasten. „Für uns ist es wichtig, dass sich der Nachhal- tigkeitsgedanke durchzieht bis zum Ende und nicht wo- möglich bei der Logistik Halt macht“, bekräftigt Weber. Die Kunden Momentan haben die Vier zwei Zielgruppen im Blick, zum einen den kleineren Versandhandel, der beispiels- weise hochwertige Produkte, wie Edelsteine, Biokosmetik etc., mit einem eher geringen Paketausstoß versendet, und zum anderen Ful llment-Center, die Tausende Pake- Die vier Gründer des Start-ups Ceres mit ihrem Produkt: Johannes Weber, Dominik Dostert, Moritz Lenhardt und Ilker Yenice (v.l.n.r) Fotos: Ceres (3) 14 15 SCHWERPUNKT | Hessischer Verkehrsspiegel 01/2023

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