Hessischer Verkehrsspiegel
Es ist ein bedeckter Tag, Sonne und Wolken wechseln sich ab, als ich mich an einem Dienstagmorgen auf den Weg nach Steinbach mache. Dort, im Industrie- gebiet, hat die Spedition Wennekamp GmbH ihren Sitz, ein Stockwerk über der Krone GmbH. Die Krone-Fisch- und Feinkostenwaren gehören auch zu den Lebensmitteln, die die Spedition Wennekamp fährt. Leidenschaft Logistik E inen Anhaltspunkt, dass ich richtig bin, geben bereits die Zugmaschinen und die Au ieger mit dem Schriftzug Wennekamp und dem aufgedruckten Maskottchen, dem Seelöwen mit Eisberg, die vereinzelt im Hof stehen. Im Erdgeschoss des Gebäudes weist mir ein Messingschild den Weg durch das Treppenhaus in den dritten Stock. Dort stehen die Türen zu den Büroräumen der Spedition Wennekamp o en. Simone Wenne - kamp nimmt mich direkt in Empfang. Ihr Bru - der, Christoph, kommt nach ein paar Minuten dazu und wir sitzen zu dritt im Besprechungs - raum an einem langen Tisch. Familienbetrieb mit Tradition Seit 2004 teilen sich die Geschwister Simone und Christoph Wennekamp die Geschäfts - führung des Unternehmens. Fünf Jahre zuvor war zunächst Simone in die elterliche Firma eingestiegen, um den Vater zu unterstützen. Für sie war es nach ihrer Ausbildung zur Luft - verkehrskau rau und einem anschließenden Betriebswirtschaftsstudium zwar nicht unbedingt selbstverständlich in die Spedition Wennekamp einzusteigen. „Aber das Leben macht manchmal andere Pläne“, erzählt sie. „Für mich war es mit meinen kleinen Kindern einfach praktisch, zu diesem Zeitpunkt bei meinem Vater mitzuarbei - ten. Die Kinderbetreuungssituation war zu dem damaligen Zeitpunkt eher schwierig, da bot es sich an.“ Als der Vater sich immer mehr zurück - zog, sprach Simone ihren Bruder an, denn sie stand vor der Entscheidung: „Entweder suche ich mir etwas anderes oder wir führen gemeinsam den Betrieb unseres Vaters weiter.“ Ungeplante Nachfolge Auch für Christoph Wennekamp war es nicht selbstverständlich, in das elterliche Unternehmen einzusteigen. „Es gab nie Druck vonseiten der Eltern“, betont Christoph Wennekamp. „Für uns war es als Jugendliche normal, mitzuarbeiten und ein bisschen Geld dazuzuverdienen. Wir haben im Lager ausgeholfen, Autos gewaschen oder abends auch schon mal Tourendispositio- nen gemacht.“ Da der Firmensitz immer direkt am Wohnort war, sind beide Kinder mit dem Betrieb aufgewachsen. „Man kannte die Leute, die Mitarbeiter. Als wir noch Kinder waren, haben wir dort gespielt. Die Eltern waren stets in der Nähe und greifbar. Selbst wenn sie im Büro waren, konnten wir sie immer ansprechen“, erinnert sich Simone Wennekamp. „Trotz dieser permanenten Nähe zum Betrieb haben uns die Eltern frei entscheiden lassen, wie wir unsere Berufswahl angehen. Selbst als wir beide fertig ausgebildet waren, gab es keine Vorgabe, dass wir doch ins Unternehmen einsteigen sollten.“ Dabei hätte es gerade bei Christoph Wennekamp perfekt gepasst. „Ich habe Betriebswirtschaft mit Schwerpunkt Logistik studiert. Meine Praktika habe ich in großen Speditionen gemacht, ein - mal in München und einmal sogar in Über- see. Danach war ich zunächst fünf Jahre in der Unternehmensberatung beschäftigt und hatte mehr mit IT und verschiedenen Prozessen im Bereich Logistik zu tun. Logistik und IT waren für mich schon immer interessant, besonders vor dem Hintergrund der Prozesssteuerung.“ Das Ruder abgeben 2004: Simone arbeitete bereits seit fünf Jahren gemeinsam mit ihrem Vater in der Firma. „Zu diesem Zeitpunkt war unser Vater schon 63 Jah - re alt. Es musste etwas passieren“, sagt Simone im Rückblick. „Irgendwann war auch unser Vater an dem Punkt, an dem er das Ruder loslassen wollte.“ Auch Christoph betont: „Der Beruf in dieser Branche ist sehr fordernd. Mein Vater war Kfz-Mechaniker, und die Generation von unserem Vater ist ja noch selbst gefahren.“ Auch Wennekamp war anfangs unter der Führung des Großvaters ein eher kleines Unternehmen mit einem überschaubaren Kundenstamm. Der Chef ist mitgefahren, es gab noch zwei, drei motivierte Fahrer und die Ehefrau hat die Abrechnung gemacht. Großkunden konnte man damit nicht betreuen. Erst in den Nach - kriegsjahren, in der Phase des Wiederaufbaus, ist das Unternehmen gewachsen. Mit der dritten Generation, den Geschwistern Wennekamp, hat sich sukzessive einiges verändert. Die Gewich - tung der Kunden zugunsten des Transports von Lebensmitteln beispielsweise. „Während Auto - motive das Hauptgeschäftsfeld unseres Vaters war, entfallen bei uns heute zwischen 60 bis 70 Prozent unserer Leistungen im Transportbereich UNTERNEHMENSPROFIL 1936 von Christoph Wenne- kamp sen., dem Großvater von Simone und Christoph, gegründet, entwickelt sich der Betrieb von einem Fuhrunternehmen mit einem Pferdefuhrwerk zu dem, was er heute ist. Der Familienbetrieb läuft seit der Übernahme Anfang der 2000er Jahre unter der Füh- rung der dritten Genera- tion, dem Geschwisterpaar, Simone (53 Jahre) und Christoph Wennekamp (48 Jahre). Inzwischen umfasst der Fuhrpark 40 Fahrzeuge sämtlicher Gewichtsklas- sen, die alle nicht älter als 3 Jahre sind, zusätzlich 60 gezogene Einheiten vom Kühlau ieger, Langau ieger (36 Stellplätze), Tautliner über Wechselbrücken und Kühlbrücken. Viele der 70 Mitarbeiter sind schon lan- ge dabei, die Fluktuation ist sehr niedrig. 40 Fahrzeuge 60 Au ieger 70 Mitarbeiter Fotos: Spedition Wennekamp (privat) Kevin Salzmann ist Azubi im 3. Lehrjahr zum Speditionskaufmann. Fabrizio Walter ist der allererste Auszubildende und seit zwei Jahren wieder im Unternehmen beschäftigt Die Geschwister Simone Wennekamp und Christoph Wennekamp teilen sich die Geschäfts- führung der Spedition Das Leben macht manchmal andere Pläne. 35 BRANCHE | Hessischer Verkehrsspiegel 01/2023 34
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