Hessischer Verkehrsspiegel
Foto: Shutterstock/Drazen Zigic H err Fritzel, einmal gleich ganz kon- kret: Was bringt wirtschaftliches Fahren in Litern ausgedrückt? Das kommt immer auf die Tour und Strecke an. Sind wir im Fernverkehr oder im Nah- verkehr? Ich habe die Erfahrung gemacht, dass so zwischen 0,7 bis 1,5 Liter auf 100 Kilometer in der Regel rauszuholen sind – aber, wie gesagt, das kommt auf die Situation an. Eine große Überra- schung für jeden Fahrer: Vom Zeitaufwand her ver- lieren sie eigentlich gar nichts. Im Gegenteil, oftmals kommt es vor, dass man ein, zwei Minuten rausholt oder zeitgleich am Ziel ankommt. Es ist schon immer wieder überraschend, was teilweise rauskommt. Den Aha-Effekt im Laufe des Trainings erlebe ich immer wieder. Wie sieht so ein Training aus? Gibt es einen Theorieanteil und einen Praxisteil, und wie lange dauert es? Im Eco-Training selbst gibt es einmal die Möglich- keit, das Ganze im Rahmen der Berufskraftfahrer- Weiterbildung nur als theoretischen Unterricht zu machen. Der ist dann die vorgegebenen sieben Zeitstunden lang. Es gibt aber auch die Möglich- keit, die Eco-Trainings in den Betrieben und damit auf eigenen Fahrzeugen durchzuführen, wo dann auch mehrere Trainer zur Verfügung stehen. Ein Trainer übernimmt morgens ein bis zwei Stunden Theorieunterricht, während zeitgleich zwei bis drei weitere Trainer mit der anderen Hälfte der Fahrer unterwegs sind. Jede Tour ist im Vorwege auf ihre Eignung geprüft. Am Nachmittag dann tauschen die Gruppen. Die Fahrer, die vorher Theorie gemacht haben, gehen in die Praxis und versuchen, schon bei der ersten Fahrt etwas umzusetzen. Und nachdem sie dann im Anschluss noch einmal eine gute Stunde geschult wurden, fahren sie ein zweites Mal mit den Eco-Trainern. Die geben dann auch mal Praxis- tipps, wenn es zum Beispiel um das vorausschauende Fahren geht oder darum, Schaltvorgänge zu ver- meiden, was natürlich heute mit den automatisierten Schaltgetrieben etwas schwieriger ist. Aber man sieht doch immer wieder, was über die vorausschauende Fahrweise wettgemacht wird. Da sind die Fahrer im- mer sehr überrascht, was man hier durch Rollphasen, Einsatz von der Technik dank Motorbremsen, Dau- erbremsen herausholen kann, wo viele noch glauben, dass Zeitverluste entstehen. Es gibt also so einige Vorurteile aufzurollen … Absolut. Aber sparsames Fahren hat nicht nur etwas mit dem Kraftstoffverbrauch zu tun. Es geht auch um Materialschonung und Verschleißreduzierung. Ein kleines Steckenpferd von mir ist die Schadensfrüh- erkennung. Eine nicht zu unterschätzende Sache. Das geht schon morgens bei der Abfahrkontrolle los: Heute ein kleiner Tropfen Öl oder eine kleine Un- dichtigkeit kann im Güterverkehrsbereich morgen zu hohen Kosten führen. Dann geht es weiter über Schäden, die bei den Kunden passieren – Randsteine werden angefahren oder ähnliche Dinge. Das gehört alles zum Punkt Wirtschaftlichkeit dazu. Können Sie weitere Beispiele nennen, gerade was das Material angeht? Die Kraftstoffkosten sind wesentlich, aber es ist eben nicht der einzige Faktor. Der Umgang mit dem Fahrzeug ist ein weiterer, genau wie eine voraus- schauende Fahrweise. Viele Fahrer legen auch eine zu hohe Risikobereitschaft an den Tag und unterschät- zen die möglichen Folgen. Ich sensibilisiere immer wieder für Schäden, die auf zu hohes Tempo zurück- gehen. Der Geschwindigkeitsbegrenzer ist in der Re- gel bei unseren Fahrzeugen auf 89 km/h eingestellt, der Kraftfahrer hat eine Referenzgeschwindigkeit von 80. Man kennt das – man gibt ihnen diese neun Kilo- meter pro Stunde zum Überholen, das Ganze wird dann aber als Dauergeschwindigkeit genutzt. Das fällt alles in den Bereich der Wirtschaftlichkeit und wir versuchen, den Fahrern das klarzumachen. Wie sind Ihre Erfahrungen dabei? Dafür muss man die Fahrer gewinnen. Viele sind im ersten Moment uneinsichtig, auch bei der ersten Fahrt im Training. Und dann sehen sie bei der zweiten Fahrt, wenn man mal das Gas rechtzeitig wegnimmt – ich hab gar keinen Zeitverlust, hab weniger Kraftstoffverbrauch und kann sogar ruhiger und gelassener fahren. Wie oft finden Eco-Trainings statt und an welchen Standorten? Dieser Bereich wird bei uns kontinuierlich aufgebaut, und wir sind auch offen für weitere Anfragen. Die Praxistrainings finden bei den jeweiligen Unterneh- mern statt. Die Module in den Räumlichkeiten der QTB in Frankfurt, Koblenz, Mainz usw. Die Praxistrainings werden von uns im Vorfeld geplant. Wir schauen uns die Strecken im Vorwege an und fahren sie mit den Trainern ab. Dann absolvieren die Fahrer den „Parcours“ einmal mit, einmal ohne Anleitung. Und da haben wir dann einen schönen Vergleich. Da kann man auch sehen, dass sich die Schaltvorgänge durch die längeren Rollphasen und vorausschauendes Fahren minimieren lassen. Das zeigt sich dann in geringerem Kraftstoffver- brauch. Wie groß darf die Gruppe sein? Im Modul sind es 25 Personen, das ist die maximale Teilnehmerzahl. Im Bereich Praxistraining bietet sich eine Maximalgröße von zwölf Fahrern an, je nach- dem wie viele Fahrzeuge da sind. MANFRED FRITZEL Erst seit einem Jahr bei der SVG Quali- tät- und Transport-Be- ratungs-GmbH bringt Fahrtrainer Manfred Fritzel dennoch reich- lich Erfahrung mit ein: Zuvor ist er selbst zwölf Jahre Fahrer gewesen, war Disponent und hat weitere zwei Jahre als Fuhrparkleiter gearbei- tet. 2009 wechselte er zur SVG und bildet seitdem als Kraftver- kehrsmeister angehende Fahrer aus. Auch in der Weiterbildung ist er stark engagiert. Vom Zeitaufwand her verlieren Sie eigentlich gar nichts Manfred Fritzel, Fachkraft für Arbeitssicherheit SVG QTB GmbH 15 SCHWERPUNKT | Hessischer Verkehrsspiegel 02/2023 Weitblick ist Trumpf Sparsam fahren heißt später ankommen? Von wegen! Fahrer- trainer Manfred Fritzel von der SVG räumt mit Missverständnissen auf und erklärt, was wirtschaftliches Fahren wirklich bedeutet 14
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