Hessischer Verkehrsspiegel

SERVICE | Hessischer Verkehrsspiegel 02/2023 23 leuten sind auch hier sowohl die individuelle Vereinbarung als auch die Einbeziehung entsprechender Klauseln in die AGB möglich. Grundsätzlich besteht in der Rechtsprechung Einigkeit darüber, dass dem Frachtführer wirksam durch AGB zusätzliche Leistungs- pflichten auferlegt werden können, wenn er für diese eine Handling-/Tauschvergütung erhält. Allerdings trifft man häufig AGB- Klauseln an, die das Verkehrsunternehmen unangemessen benachteiligen und/oder die überraschend sind. Solche Klauseln in Fracht- verträgen sind unwirksam. Hier ein Beispiel für eine unwirksame AGB-Klausel (Original-Formulierung aus einem Frachtvertrag): „Palettentausch: ja bzw. Umbuchung bei der Firma D (…). Euro/D. Paletten müssen getauscht werden. Sollten die Paletten nicht getauscht werden, so sind diese unaufgefordert binnen 5 Werktagen an die Ladestelle frachtfrei zurückzuliefern. Sollte die Rücklieferung nicht erfolgen, werden die Paletten mit Euro 12.00 netto pro Palette in Rechnung gestellt und mit der Fracht- rechnung verrechnet (wegen Nichterfüllung gem. § 281 BGB)“. Was hat es mit dem „Kölner Paletten- tausch“ und dem „Bonner Palettentausch“ auf sich? In Frachtverträgen findet man gelegent- lich den Hinweis auf diese Musterklauseln. Sie wurden im Jahr 2005 gemeinsam von den Spitzenverbänden der verladenden Wirt- schaft, der Spedition und des Güterkraftver- kehrs entwickelt. Allerdings haben sie keine Marktgeltung. Deshalb werden sie nur bei einer ausdrücklichen Vereinbarung Bestand- teil des Frachtvertrages. Ein Palettentauschvertrag, in dem der Frachtführer gegenüber dem Absender das Tauschrisiko übernimmt, kann auch konklu- dent abgeschlossen werden. Für die An- nahme eines konkludenten Tauschvertrages mit einem bestimmten Inhalt kommt es in einer langjährigen Vertragsbeziehung auf die Praxis an, wie die Parteien die Frachtauf- träge abgewickelt haben. Dabei können die Führung eines Palettenkontos, die monatliche Abstimmung des Kontos zwischen den Ver- tragspartnern und die Praxis des Ausgleichs von Fehlbeständen eine Rolle spielen. Für Transportunternehmer ebenfalls wichtig zu wissen: Der Abschluss einer Palettenvereinbarung durch den Fahrer am Be- oder Entladeort wird in der Regel nicht möglich sein. Denn Fahrerinnen und Fahrer sind üblicherweise nicht vertretungsberech- tigt. Daran ändert auch die Entgegennahme und gegebenenfalls die Unterzeichnung von Palettenscheinen nichts. ■ Thomas Weik Tausch darauf, dass der Absender Paletten in gleicher Zahl und Güte zurückbekommt. Und wenn das nicht der Fall ist? Wer trägt das Risiko, wenn zu wenige oder beschädigte Paletten oder auch Paletten von minderer Qualität wieder beim Absender ankommen? Von grundlegender Bedeutung: Ohne besondere Vereinbarung besteht keine Tauschpflicht! Weder im Handelsgesetzbuch (HGB) noch – bei grenzüberschreitenden Transport – in der CMR (Internationale Vereinbarung über Beförderungsverträge auf Straßen) gibt es Vorschriften zum Paletten- tausch. Auch laut den Allgemeinen Deut- schen Spediteurbedingungen (ADSp), zuletzt erschienen in der Fassung von 2017, sind die Leistungen des Frachtführers im Zusammen- hang mit dem Palettentausch gesondert zu vereinbaren und zu vergüten. Daraus folgt: Der Tausch muss vereinbart werden, damit überhaupt eine Verpflichtung entsteht. Das bedeutet wiederum, dass die Beteiligten sich idealerweise vorher schriftlich auf eine Vorgehensweise einigen. Wie kommt ein rechtssicherer Vertrag zustande, in dem der Frachtführer gegen- über dem Absender das Tauschrisiko über- nimmt? Üblicherweise werden die Pflichten des Frachtführers zum Palettentausch als sogenannte Nebenabrede zum Fracht- oder Speditionsvertrag als zusätzliche Leistung vereinbart. Diese besteht zum Beispiel beim „Doppeltausch“ in der Anlieferung von Leer- paletten zur Beladestelle. Bei anderen Formen besteht die Leistung im Transport der vom Empfänger erhaltenen Leerpaletten zu einer Abgabe- oder Abholstelle. Wie in üblichen Verträgen unter Kauf- Foto: Shutterstock/Yellow_man 22 P aletten sind bei Transporten längst nicht mehr wegzudenken. Besonders oft sind Europaletten im Spiel: lizenziert von der Organisation EPAL, gekennzeichnet mit dem Kürzel „EPAL“ oder „EUR“ innerhalb eines Ovals. Ebenso wie die Paletten selbst hat sich deren Tausch eingebürgert: Der Absender gibt dem Frachtführer palettierte Ware mit, dieser übergibt Ware und Paletten dem Empfänger, der im Aus- tausch dem Frachtführer leere Paletten wieder mit auf den Rückweg gibt. Zum Rücktransport wird der Frachtführer dabei im Zusammenhang mit dem Frachtauftrag verpflichtet. Ein Vorgehen, von dem alle Beteiligten profi- tieren, schließlich trägt es entscheidend dazu dabei, die Ladezeiten zu minimieren. Allerdings baut der Palettentausch ist für alle Beteiligten von Vorteil. Trotzdem sollten Spediteure und Frachtführer genau wissen, worauf Sie sich dabei einlassen. Hier lesen sie die wichtigsten Fakten Kein Tausch ohne Abstimmung Thomas Weik, Ass.jur. berät seit 2000 Transport- und Logistikunternehmen, Schwerpunkt: Compli- ance-Management und Risikovermeidung.

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