Hessischer Verkehrsspiegel

BRANCHE | Hessischer Verkehrsspiegel 02/2023 41 das Format der Videokonferenzen durch- gesetzt hat. Das vereinfacht die Sache sehr. Es geht zwar nicht ohne den direkten Austausch. Aber wenn man sich erstmal in natura ken- nengelernt hat, kann man anschließend vieles sehr schnell von Bildschirm zu Bildschirm re- geln. Die Mischung macht’s! Wenn ich daran denke, dass wir früher selbst für Ein-Stunden- Konferenzen im Verkehrsministerium nach Bonn ge ogen sind – das war alles andere als nachhaltig. Auch vor diesem Hintergrund mache ich heute fast all meine Dienstreisen mit der Bahn. Wie sorgen Sie an stressigen Tagen für Ausgleich? Ich bin ein Bewegungsjunkie, der gerne laufen und ins Fitnessstudio geht. Komme ich nicht dazu, schlägt sich das auf meine Stimmung nieder. Deshalb versuche ich auch, das in Arbeitstage zu integrieren. Erst gestern habe ich mich in Berlin mit einem Gesprächspartner nicht im Büro verabredet, sondern zu einem Spaziergang. Vervollständigen Sie zum Schluss bitte spontan diesen Satz: Das Leben ist zu kurz, um … … sich zu viele Sorgen zu machen. ZUR PERSON Anja Ludwig ist gebürtige Berlinerin. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern im Teenageralter in der Haupt- stadt. Die Juristin kommt aus einer Fuhrunternehmer-Familie. Als Leiterin des Kompetenzzentrums Straßengü- terverkehr und Logistik bei der KRAVAG folgt sie Prof. Axel Salzmann nach, der inzwischen im Ruhestand ist. ■ Florian Oertel Foto: Anja Ludwig 40 Unterwegs mit… Anja Ludwig H allo Frau Ludwig, wo erreichen wir Sie gerade? Am Hamburger Standort der KRAVAG. Meistens arbeite ich in Berlin im Home-O ce, aber im Schnitt ein - mal pro Woche bin ich in Hamburg. Heute habe ich noch zwei Termine mit Unter- nehmern. Überhaupt bin ich eine Menge in ganz Deutschland unterwegs. Voriges Jahr waren es 46 Dienstreisen für die KRAVAG mit jeweils mehreren Terminen, ich lerne die Republik also ganz gut kennen. Sie haben zwölf Jahre für den Bundes- verband Deutscher Omnibusunterneh- men gearbeitet. Was hat sie bewogen, von dort zur KRAVAG zu wechseln? Zwölf Jahre sind eine lange Zeit. Am Ende war der Wunsch stark, meine Kraft wieder in ein einziges Unternehmen zu stecken. Au- ßerdem wollte ich, dass meine Arbeit mess - barer wird. Wenn man Lobbyarbeit für einen Verband macht, dauert es oft sehr lange, bis sich Erfolge zeigen, das ist nun ho entlich anders. Es gibt aber auch Kontinuität: Der genossenschaftlich-partnerschaftliche Ansatz der KRAVAG, der mir gut gefällt, passt zu meiner bisherigen Aufgabe. Nicht zu verges- sen: Logistik ist unglaublich spannend – und noch vielfältiger, als ich erwartet hatte. Welche Funktion hat das Kompetenz- zentrum, und was möchten Sie als Leiterin bewegen? Wir sind eine Art Zahnrad zwischen der KRAVAG als Versicherung auf der einen und den Transportbetrieben und Speditionen auf der anderen Seite. Wir beobachten die Entwicklungen in der Branche und hören zu, wo die Sorgen und Nöte der Unternehmer liegen. Ziel ist, diese Erkenntnisse innerhalb der KRAVAG und R+V an die richtigen Stel- len zu tragen, damit sie zur Entwicklung von Produkten und Services beitragen, die für uns wirtschaftlich sind, aber auch den Kunden wirklich weiterhelfen. Meine Rolle dabei ist die einer Brückenbauerin. Ich gehe raus und suche den Austausch mit den Unternehmern – daher die vielen Dienstreisen. Was bringen Sie von diesen Reisen mit, was treibt die Branche zurzeit um? Vor allem drei Themen begegnen mir immer wieder. Erstens: Personal. Selbst wer sich massiv um gute Fahrer bemüht, hat es dabei immer schwerer. Zweitens: Nachhaltigkeit. Vor allem der Druck der Auftraggeber auf die Betriebe, in neue Antriebstechnologien zu investieren, nimmt weiter zu. Und drittens: Cyber-Security. Die Unternehmen sehen sich verstärkt Angri sversuchen von Kriminel - len ausgesetzt. Das haben noch nicht alle realisiert. Gerade bei Familienbetrieben ohne großen Overhead habe ich dafür Verständnis, denn auch für Unternehmer hat der Tag nur 24 Stunden. Umso mehr sehe ich uns in der P icht, die Leute anzuspornen, das Thema zur Chefsache zu machen. Angesichts so vieler Herausforderungen betrachte ich es übrigens auch als meine Aufgabe, einen gewissen Op - timismus in die Unternehmen zu tragen. Optimismus ist wichtig, reicht aber nicht aus. Wie können Sie die Unterneh- men konkret unterstützen? Nehmen Sie als Beispiel die Antriebstechno- logien. Das ist ein komplexes Thema. Wenn man da als Unternehmer auf dem Laufenden bleiben will, kostet das einiges an Ressourcen. Ganz zu schweigen davon, dass diese Tech - nologien nach wie vor teuer sind. Hier müs- sen wir die Entwicklungen genau im Auge haben und intern die richtigen Informationen weitergeben. Dabei arbeiten wir eng mit R+V-Kollegen in Wiesbaden zusammen, die sich um dieses Thema kümmern. Wer in Transport und Logistik erfolgreich bleiben will, muss über kurz oder lang nachhaltig werden. Dazu kann auch gehören, Trans - porte auf die Schiene zu verlagern. Deshalb haben wir das Projekt truck2train unterstützt, das BGL und Allianz pro Schiene angestoßen haben für Mittelständler, die den Kombi - nierten Verkehr nutzen wollen. Dort gibt es Schnittstellen wie die Verladung vom Truck auf den Zug, die spezi schen Absicherungs - bedarf mit sich bringen. Welche Rolle spielt die Verkehrssicher- heit? Stichwort: Assistenzsysteme, die von den Fahrern oft ausgeschaltet werden. Klar, wir versichern Schäden. Aber noch lieber ist uns, wenn Schäden gar nicht erst entstehen. Schließlich steht und fällt der Erfolg eines Verkehrsträgers mit seiner Sicherheit. Deshalb ist es mir ein wichtiges Anliegen, in dieser Hinsicht das Bewusstsein hochzuhalten. Allerdings denke ich, dass viele Unternehmen hier in den vergangenen Jah- ren viel richtig gemacht haben. Ein großer Teil der Fahrer hat sich bereits an die Systeme gewöhnt und nutzt sie wie vorgesehen. Das hat auch eine aktuelle Studie bestätigt, die wir in Zusammenarbeit mit der FH Westküste gemacht haben. Aber hier gibt es de nitiv noch Luft nach oben. Wie bringen Sie Ihren Job mit Ihrem Familienleben unter einen Hut? Ich bin dankbar, dass sich seit der Pandemie Ich will auch Optimismus verbreiten. Seit Juli 2022 leitet Anja Ludwig das Kompetenzzentrum Straßengüterverkehr und Logistik der KRAVAG. Wir wollten von der Juristin wissen, was sie in dieser Position für die Branche bewegen möchte

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